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Entschließung: Anonymes elektronisches Bezahlen muss möglich bleiben!

82. Konferenz vom 28. bis 29. September 2011 in München

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder fordern den Bundesgesetzgeber auf, bei der Bekämpfung von Geldwäsche auf umfassende und generelle Identifizierungspflichten beim Erwerb von elektronischem Geld zu verzichten. Ein aktueller Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Geldwäschegesetz (BT-Drs.17/6804) sieht vor, über bereits bestehende – allerdings nicht umgesetzte – gesetzliche Verpflichtungen hinaus umfangreiche Daten über sämtliche Erwerber elektronischen Geldes zu registrieren. Der anonyme Erwerb von E-Geld würde damit generell abgeschafft.

Dies ist besonders kritisch, da umfangreiche Kundinnendaten und Kundendaten unabhängig vom Wert des E-Geldes erhoben werden müssen. Beispielsweise ist eine Tankstelle bereits beim Verkauf einer E-Geld Karte imWert von fünf Euro verpflichtet, den Namen, das Geburtsdatum und die Anschrift der Kundinnen und Kunden zu erheben und für mindestens fünf Jahre aufzubewahren.

Eine generelle Identifizierungspflicht würde außerdem dazu führen, dass anonymes Einkaufen und Bezahlen im Internet selbst bei Bagatellbeträgen praktisch ausgeschlossen werden. Anonyme Bezahlsysteme im Internet bieten ihren Nutzern jedoch Möglichkeiten, die Risiken eines Missbrauchs ihrer Finanzdaten beispielsweise durch Hackerangriffe zu minimieren. Sie sind zugleich ein wichtiger Baustein, um die Möglichkeit zum anonymen Medienkonsum zu erhalten, da Online-Medien zunehmend gegen Bezahlung angeboten werden. Auf jeden Fall muss verhindert werden, dass personenbeziehbare Nutzungsdaten über jeden einzelnen Artikel in Online-Zeitungen oder einzelne Sendungen im Internet-TV schon immer dann entstehen, wenn eine Nutzung gebührenpflichtig ist.

Nach den vorgesehenen Regelungen würden noch mehr personenbezogene Daten unbescholtener Bürgerinnen und Bürger erfasst und ganz überwiegend anlasslos gespeichert. Dies steht inWiderspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. In seinem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten vom 02. März 2010 (1 BvR 256/08) hatte das Gericht gemahnt, dass Gesetze, die auf eine möglichst flächendeckende vorsorgliche Speicherung aller für die Strafverfolgung oder Gefahrenprävention nützlichen Daten zielen, mit der Verfassung unvereinbar sind.

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder lehnt die vorgesehene verdachtsunabhängige, undifferenzierte und schrankenlose Datenerfassung ab, die auch europarechtlich nicht geboten ist. Die dritte Geldwäscherichtlinie (2005/60/EG) erlaubt den Mitgliedstaaten, von Identifizierungspflichten abzusehen, wenn der Wert des erworbenen elektronischen Guthabens 150 Euro nicht übersteigt. Der Bundesgesetzgeber sollte durch Einführung eines entsprechenden Schwellenwerts diesem risikoorientierten Ansatz folgen.