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Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Bild einer Überwachungskamera
Überwachungskamera

Der Einsatz von Videoüberwachung in der Arbeitswelt nimmt dramatisch zu. Dies ist auch anhand von öffentlich bekannt gewordenen Datenschutzskandalen festzustellen, wie der heimlichen Videoüberwachung der Beschäftigten bei Lidl vor zehn Jahren. Aber es geht nicht immer um die Videoüberwachung der Beschäftigten, sondern zum Beispiel um Prozesssteuerungen in der Produktion oder um die Materialkontrolle oder aber um Kundenüberwachung. Gleichwohl sind fast immer Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Beschäftigten berührt. Dies hängt im Wesentlichen von der Art und der Einsatzzeit der verwendeten Video-Technik wie dem Beobachtungsraum ab.

Sollen zum Beispiel Kunden an der Kasse eines Kreditinstituts beobachtet werden, kann sich der Fokus der Kamera auch auf die Kassiererin oder den Kassierer richten. In einem solchen Fall würden die betroffenen Beschäftigten ununterbrochen an ihren Arbeitsplätzen überwacht werden, was ein besonders tiefgreifender Eingriff in ihre Grundrechte und Grundfreiheiten wäre. Bei der Rechtsanwendung kommt es daher nicht nur auf die mit der Videoüberwachung unmittelbar verfolgten Zwecke an, sondern auch mittelbare personenbeziehbare Videoerhebungen sind datenschutzrechtlich von Belang. Arbeitsrechtlich ist es bereits ausreichend, wenn die eingesetzte Technik für die Überwachung des Verhaltens der Beschäftigten geeignet ist, unabhängig davon, ob sie dafür tatsächlich eingesetzt wird. Bereits die theoretische Gefährdung von Grundrechten und Grundfreiheiten der Beschäftigten ist hier ausreichend.

Regelmäßig sind hier die Voraussetzungen des Artikels 6 Absatz 1 Buchstabe f Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) und des § 26 Absatz 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zu prüfen. Danach darf der Arbeitgeber personenbezogene Beschäftigtendaten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erheben, verarbeiten oder nutzen, wenn sie für dessen Durchführung erforderlich sind.

Zur Aufdeckung von Strafdaten dürfen zudem nach § 26 Absatz 1 Satz 2 BDSG personenbezogene Daten von Beschäftigten nur dann verarbeitet werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass die betroffene Person im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat. Hierbei muss die Verarbeitung erforderlich sein und das schutzwürdige Interesse der oder des Beschäftigten an dem Ausschluss der Verarbeitung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind.

Da die Videoüberwachung ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen zur Folge hat, ist regelmäßig eine Datenschutz-Folgenabschätzung nach Artikel 35 Absatz 2 Buchstabe DS-GVO durchzuführen.
Hierbei ist auch die hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts zu beachten, auf die nachfolgend kurz verwiesen wird:

Danach würde eine zeitlich unbegrenzte Videoüberwachung am Arbeitsplatz einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Beschäftigten darstellen. Ein solcher Eingriff wäre weder durch ausdrückliche gesetzliche Regelungen noch durch schützenswerte Interessen des Arbeitgebers, die im Rahmen einer Gesamtabwägung die Interessen der betroffenen Beschäftigten überwiegen würden, gerechtfertigt. Die Beschäftigten würden einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt sein, weil sie stets damit rechnen müssten, gerade gefilmt zu werden. Unabhängig davon, ob die Videokameras sichtbar wären, könnten die Beschäftigten nicht erkennen, wann sie in Betrieb seien. Während bei öffentlich zugänglichen Räumen der Kreis der beobachteten Personen in der Regel zunächst unbekannt wäre, wären die Beschäftigten am nicht öffentlich zugänglichen Arbeitsplatz nicht anonym, sondern überschaubar und dem Arbeitgeber bekannt. Der Überwachungsdruck und Anpassungsdruck wäre daher für die Beschäftigten sehr viel größer.

Außerdem würden die Beschäftigten am Arbeitsplatz - im Gegensatz zu zum Beispiel Bahnhöfen oder Kaufhäusern - nicht nur kurzfristig und vorübergehend der Videoüberwachung ausgesetzt. Sie würde sich vielmehr potenziell an jedem Arbeitstag wiederholen und jeweils mehrere Stunden dauern. Die Beschäftigten könnten den Besuch des überwachten Raums weder vermeiden noch sich der Überwachung durch ein Verlassen des Arbeitsplatzes entziehen.

Anders verhält es sich bei der Videoüberwachung in zum Beispiel Kaufhäusern, Tankstellen oder Museen, weil es sich hier um öffentlich zugängliche Räume handelt und zunächst und vordergründig ein unbekannter beziehungsweise anonymer Personenkreis (Beschäftigte, Kunden und Besucher) der Beobachtung ausgesetzt wäre.
Bei der räumlichen und zeitlichen Festlegung der Videoüberwachung muss unter anderem gewährleistet sein, dass Beschäftigte nur kurzfristig und vorübergehend beobachtet werden können, zum Beispiel durch schwenkbare Kameras oder der Möglichkeit, dass sich die Beschäftigten jederzeit der Überwachung entziehen können und sie – wie die übrigen Personenkreise auch – durch geeignete Maßnahmen auf den Umstand der Videoüberwachung hingewiesen werden (zum Beispiel Hinweisschilder und so weiter). Zusätzlich sind die Beschäftigten bei einer beabsichtigten Aufzeichnung von ihrem Arbeitgeber entsprechend § 4 Absatz 3 BDSG darüber zu unterrichten.

Soweit in dem Unternehmen ein Betriebsrat vorhanden ist, gelten ergänzend die Bestimmungen des § 87 Absatz 1 Nummer 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), wonach der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hat, wenn technische Einrichtungen eingesetzt oder angewendet werden, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch schon dann, wenn diese Einrichtungen dazu geeignet sind.

Zur Wahrung der Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Beschäftigten empfiehlt sich, soweit im Unternehmen ein Betriebsrat gewählt ist, entsprechend § 88 BetrVG eine Betriebsvereinbarung über die beabsichtigte Videoüberwachung abzuschließen, die allen Beschäftigten zur Kenntnis zu geben ist. Die Befugnis, im Beschäftigtenkontext Kollektivvereinbarungen abschließen zu dürfen, enthält Artikel 88 DS-GVO. Danach müssen Betriebsvereinbarungen auch geeignete und besondere Maßnahmen zur Wahrung der menschlichen Würde, der berechtigten Interessen und Grundreche der betroffenen Person, insbesondere im Hinblick auf die Transparenz der Verarbeitung und die Überwachungssysteme am Arbeitsplatz umfassen.