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Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder zur Struktur der künftigen Datenschutzaufsicht in Europa

Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 27. und 28. März 2014 in Hamburg

Ein zentrales Verhandlungsthema bei den Beratungen im Rat der EU betrifft die Frage, welche Aufgaben die Datenschutzbehörden künftig haben und wie sie in Fällen, die mehrere Mitgliedstaaten oder die gesamte EU betreffen, besser zusammenarbeiten können. Die Europäische Kommission hatte hierzu das Prinzip einer einheitlichen Anlaufstelle ("One-Stop-Shop") vorgeschlagen, wonach die Datenschutzbehörde am Sitz der Hauptniederlassung EU-weit zuständig ist für die Aufsicht über alle Niederlassungen eines Unternehmens innerhalb der EU. Daneben schlug sie die Einführung eines Kohärenzverfahrens vor, das es den Datenschutzbehörden ermöglichen soll, in grenzüberschreitenden Fällen zu einheitlichen Entscheidungen im Rahmen des europäischen Datenschutzausschusses zu gelangen.

Vor dem Hintergrund der aktuell im Rat erörterten unterschiedlichen Modelle plädieren die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder für einen effektiven und bürgernahen Kooperationsmechanismus und Entscheidungsmechanismus, der folgende Kernelemente beinhalten sollte:

  1. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder bekräftigen den Grundsatz, dass jede Aufsichtsbehörde im Hoheitsgebiet ihres Mitgliedstaats die ihr mit der Verordnung übertragenen Aufgaben und Befugnisse über alle Datenverarbeitungen ausübt, durch welche Personen dieses Mitgliedstaates betroffen sind, unabhängig davon, ob die verantwortliche Stelle über eine Niederlassung innerhalb dieses Mitgliedstaates verfügt oder nicht.
  2. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder befürworten die Einführung eines One-Stop-Shop-Mechanismus für Fälle, in denen der Datenverarbeiter über mehrere Niederlassungen in unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten verfügt. In diesem Fall fungiert die Aufsichtsbehörde am Orte der Hauptniederlassung als federführende Behörde, die mit den Aufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten, in denen der Verantwortliche über weitere Niederlassungen verfügt oder in denen Personen betroffen sind, eng kooperiert. Es bleibt damit den betroffenen Personen unbenommen, sich an die Aufsichtsbehörden ihres Heimatlandes zu wenden.
  3. Die federführende Behörde und die mit zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden kooperieren mit dem Ziel einer einheitlichen Entscheidungsfindung. Im Falle der Einigkeit erlässt die federführende Behörde die erforderlichen Maßnahmen gegenüber der Hauptniederlassung des Verantwortlichen. Der Verantwortliche ist verpflichtet, die Maßnahmen in allen Niederlassungen innerhalb der EU umzusetzen.
  4. Sofern eine nationale Behörde dem Maßnahmenentwurf der federführenden Behörde widerspricht, ist der Europäische Datenschutzausschuss mit dem Fall zu befassen, der hierzu verbindliche Leitlinien erlassen oder sonstige verbindliche Maßnahmen treffen kann.
  5. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder befürworten die in dem Verordnungsentwurf enthaltenen Elemente zur Stärkung der Verantwortlichkeit der Unternehmen zur Einhaltung des Datenschutzrechts. Hierzu zählen die EU-weite Einführung betrieblicher Datenschutzbeauftragter, Datenschutz-Folgeabschätzungen, Privacy-by-Design und Privacy-by-Default, Zertifizierungen, Datenschutzsiegel und Verhaltensregeln. Fragen zur Rechtskonformität einer Datenverarbeitung können im Rahmen der vorherigen Zurateziehung mit den Aufsichtsbehörden geklärt werden.
  6. Für die Einführung formeller, fristgebundener Verfahren zur Erlangung EU-weit gültiger Compliance-Entscheidungen besteht aus Sicht der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder daneben kein Bedarf. Insbesondere darf die Klärung von Compliance-Fragen nicht zu einer Verlagerung der Verantwortlichkeit auf die Aufsichtsbehörden und zur Einschränkung aufsichtsbehördlicher Maßnahmen im Falle von Datenschutzverstößen führen.
  7. Ein originärer Schwerpunkt der Aufsichtstätigkeit in Bezug auf Zertifizierungsprozesse sollte darin liegen, im Rahmen der Norminterpretation Prüfstandards mitzugestalten, auf deren Grundlage die Vergabe von Zertifikaten geprüft wird.