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Entschließung: Handlungsbedarf zum Datenschutz im Bereich der Öffentlichen Sicherheit in der 18. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages

Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 01. und 02. Oktober in Bremen

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder sieht für die kommende Legislaturperiode dringenden datenschutzrechtlichen Handlungsbedarf im Bereich der öffentlichen Sicherheit. Die technische Entwicklung der Datenverarbeitung droht praktisch alle Bereiche unseres Lebens offenzulegen. Ungeheuer große Datenmengen können inzwischen in Echtzeit verknüpft und ausgewertet werden. Bei der weitgehend heimlich durchgeführten anlass- und verdachtslosen Datenauswertung rücken zunehmend auch Menschen in den Fokus von Nachrichtendiensten und Ermittlungsbehörden, die selbst keinerlei Anlass für eine Überwachung gegeben haben. Hieran können weitere Maßnahmen anknüpfen, die für die Betroffenen erhebliche Folgen haben. Dies gefährdet die Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung, auf Fernmeldegeheimnis und auf Gewährleistung des Schutzes der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme.

Die internationalen Überwachungsaktivitäten von Nachrichtendiensten machen dies deutlich. Die Bundesrepublik Deutschland ist verpflichtet, sich dagegen zu wenden und auf europäischer und internationaler Ebene dafür einzusetzen, dass es keine umfassende Überwachung gibt. Hierzu hat die Konferenz bereits die Entschließung "Keine umfassende und anlasslose Überwachung durch Nachrichtendienste! Zeit für Konsequenzen" verabschiedet. Die Konferenz erwartet von der Bundesregierung außerdem, dass sie sich für die Aufhebung der EU-Richtlinie zur anlasslosen Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten einsetzt.

Die Übertragung weiterer, mit Grundrechtseingriffen verbundener, Kompetenzen an EU-Agenturen ist nach deutschem Verfassungsrecht nur vertretbar, wenn ein vergleichbarer Grundrechtsschutz gewährleistet ist. Die Konferenz fordert deshalb die Bundesregierung dazu auf, sich für entsprechende Nachbesserungen des von der Europäischen Kommission vorgelegten Entwurfs einer Europol-Verordnung einzusetzen.

Auch auf nationaler Ebene besteht gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insbesondere zur Antiterrordatei müssen für Maßnahmen, die intensiv in Grundrechte eingreifen, hinreichend bestimmte Schranken festgelegt werden. Sie müssen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dem informationellen Trennungsprinzip und dem Kernbereichsschutz privater Lebensgestaltung stärker als bisher Rechnung tragen. Gesetzgeberischen Handlungsbedarf sieht die Konferenz insbesondere für gemeinsame Dateien und Zentren von Polizeien und Nachrichtendiensten, die nicht individualisierte Funkzellenabfrage, die strategische Fernmeldeüberwachung und für den Einsatz umfassender Analysesysteme.

Der Gesetzgeber muss zudem für wirksame rechtsstaatliche Sicherungen sorgen. Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes setzt größtmögliche Transparenz der Datenverarbeitung und grundsätzlich Benachrichtigungen der Betroffenen voraus. Unverzichtbar ist die umfassende Kontrolle auch durch unabhängige Datenschutzbeauftragte. Die Sicherheitsbehörden müssen ihnen dazu alle notwendigen Informationen frühzeitig zur Verfügung stellen.