Sie sind hier:

81. Konferenz vom 16. bis 17. März 2011 in Würzburg

Entschließung: Beschäftigtendatenschutz stärken statt abbauen

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder bekräftigt die Notwendigkeit, durch umfassende allgemein gültige Regelungen für den Datenschutz am Arbeitsplatz mehr Rechtssicherheit zu erreichen und bestehende Schutzlücken zu schließen. Dieser Ansatz erfordert klare gesetzliche Begrenzungen der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Beschäftigtendaten. Die Bundesregierung und die Bundestagsfraktionen der SPD und von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN haben hierzu Gesetzentwürfe vorgelegt.

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder appelliert an den Deutschen Bundestag, bei den Beratungen über Regelungen des Beschäftigtendatenschutzes insbesondere folgende notwendige Anforderungen sicherzustellen:

Im Bewerbungsverfahren und im Beschäftigungsverhältnis

  • ist die Erforderlichkeit von Eignungstests und medizinischen Untersuchungen vor der Durchführung der jeweiligen Maßnahme zu dokumentieren,
  • sind Datenerhebungen nur zulässig, wenn und soweit diese Daten wegen der Art und der Ausübung der Tätigkeit oder der Bedingung ihrer Ausübung unabdingbar sind und entscheidende berufliche Anforderungen oder Hindernisse darstellen,
  • sind Eignungstests ausschließlich zulässig, wenn sie auf einer wissenschaftlichen Methode beruhen.

Arbeitgeber müssen verpflichtet werden, Bewerber so früh wie möglich umfassend über die Datenerhebung aus allgemein zugänglichen Quellen (zum Beispiel im Internet) und bei Dritten zu unterrichten.

Zur Aufdeckung von Straftaten und ähnlich schwerwiegenden Pflichtverletzungen dürfen Beschäftigtendaten nur oberhalb normenklarer und verhältnismäßiger Einschreitschwellen erhoben und verwendet werden. Arbeitgeber dürfen dabei – insbesondere verdeckte – Überwachungsmaßnahmen nur ergreifen, wenn zu dokumentierende Tatsachen vorliegen. Mit Blick auf rechtsstaatliche Anforderungen ist die Grenze zwischen eigenverantwortlichen Recherchen des Arbeitgebers und der den Strafverfolgungsbehörden vorbehaltenen Aufgaben
eindeutig zu bestimmen. Aus präventiven Gründen ist eine verdeckte Datenerhebung unzulässig.

Insbesondere bezüglich der Durchführung von Screening-Verfahren sind klare materielle Kriterien – zum Beispiel Prüfung der Verhältnismäßigkeit, Vorliegen von tatsächlichen Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten – erforderlich. Zudem sollten Arbeitgeber verpflichtet sein, die näheren Umstände, die den Abgleich veranlassen, vorab zu dokumentieren.

Die an verschiedenen Stellen im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehenen Regelungen zur Verhaltens- und Leistungskontrolle sind nach wie vor zu weitgehend. Der Gesetzgeber muss hier strenge Voraussetzungen vorgeben. Die Konferenz weist auf die gefestigte verfassungsrechtliche Rechtsprechung zum unzumutbaren Überwachungsdruck hin.

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten fordert, die offene Videoüberwachung stärker zu begrenzen und insbesondere

  • zu verbieten, die zum Beispiel bei der Qualitätskontrolle anfallenden Daten zur Verhaltens- und Leistungskontrolle zu nutzen.
  • für Bereiche zu untersagen, die nicht nur „überwiegend“, sondern auch der privaten Nutzung dienen.

Das Petitionsrecht darf nicht beschränkt werden. Beschäftigte müssen sich jederzeit an die zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde wenden können, ohne deswegen benachteiligt oder gemaßregelt zu werden.

In gesetzliche Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz sind darüber hinaus Bestimmungen aufzunehmen

  • zur Personalaktenführung – einschließlich der automatisierten Personalaktenführung,
  • zur privaten Nutzung von Telekommunikationsdiensten,
  • zum Thema Whistleblowing,
  • zum Bereich der Videoüberwachung im öffentlich zugänglichen Bereich, bei denen Beschäftigtendaten mit anfallen,
  • zum Beweisverwertungsverbot bei unzulässiger Datenerhebung und -verwendung,
  • zum Konzerndatenschutz unter Berücksichtigung des internationalen Datenverkehrs.